Selbständig zu sein, ist wundervoll. Du kannst träumen, umsetzen, ausprobieren, dir deine Zeit selber einteilen. Aber oft wird es auch zu romantisch gesehen und dargestellt. Ich muss jedes Mal grinsen, wenn ich (auf Instagram/Facebook) Fotos von Selbständigen sehe, wie sie angeblich auf dem Liegestuhl unter dem Sonnenschirm, mit dem Laptop auf dem Schoss arbeiten. Probier das einmal aus, das hältst du keine 15min aus. Es blendet, du hast Sand auf dem, bzw. im Laptop, die Sonnencreme klebt überall, bequem ist es auch nicht wirklich – ja, die Selbständigkeit wird gerne genau so dargestellt und auch schmackhaft gemacht.
Der tägliche Druck
Selbständig arbeiten ist super, aber es ist auch Druck. So schön es auch ist, sich die Zeit selber einteilen zu können, das machen zu können, was man gerne macht, aber man trägt auch das Risiko alleine. Als ich im März 2020 meine Praxis wegen der Pandemie schliessen musste, hat mir kein Mensch den Ausfall, geschweige den die Miete bezahlt (ich war noch “zu klein”). Als ich gesundheitlich monatelang ausgefallen bin, habe ich keinen Rappen gesehen, die Rechnungen sind aber genau gleich ins Haus geflattert. Daran denkt niemand. Wenn du schon seit Jahren selbständig bist und ein regelmässiges und gutes Einkommen hast, ist das ein bisschen anders.
Was ich sagen möchte ist, dass ich als Selbständige/r selber JEDEN Tag dafür verantwortlich bin, dass das Geld reinkommt. Abzuschalten wird da irgendwann einfach schwierig. Ferien machen ist wundervoll, kann aber auch Stress auslösen.
Ich möchte nicht jammern, aber in einer Zeit in der die Selbständigkeit so hoch angepriesen und das Angestelltsein oftmals schon fast verspottet wird, ist es auch wichtig, offen und ehrlich zu kommuniziert. UND, natürlich ist jeder Mensch anders und es kommt ganz darauf an, wo du im Leben stehst. Wenn du “nur” für dich und vielleicht noch für deinen Partner verantwortlich bist, ist es definitiv anders, als wenn du nebenbei noch Kinder hast… egal wie alt die sind!
Apropos Alter, auch das kann eine Rolle spielen. In meinen 30igern war ich GANZ anders unterwegs, immer Vollgas, trotz Familie, Haushalt und Job! Jetzt mit fast 47 geht’s bei mir nicht mehr um schneller, besser, höher! Im Gegenteil, ich lebe immer mehr nach dem Prinzip “weniger ist mehr”.
Meine letzten 20 Jahre waren SEHR intensiv und sie haben mir viel abverlangt. Darum brauche ich heute wohl auch so viel Zeit und Ruhe für mich. Unterdessen kann ich das annehmen und akzeptieren.